Auch wenn ich die Sony RX100 Mark IV erst seit weniger als einer Woche mein Eigen nennen und dementsprechend bis jetzt nur begrenzt Erfahrungen mit ihr sammeln konnte, will ich hier aufgrund der hohen Nachfrage meine ersten Eindrücke von dieser Kamera schildern.
Die RX100 Mark IV folgt ihren äußerst erfolgreichen Vorgängern, allerdings begleitet von einer Preissteigerung, die es in sich hat: Während die Mark III noch um die 700 Euro kostete, muss man für die Mark IV schon ca. 1100 Euro bezahlen. Das ist eine Anhebung von über 50%! Gerade für eine Consumer-Kompakt-Kamera ist dieser Preis natürlich ein echter Brocken, zumal es Konkurrenzprodukte (oder die erwähnten Vorgänger) teilweise für die Hälfte des Preises gibt.
Die Vorteile, die die Kamera für diesen Aufpreis bietet, beschränken sich (soweit ich das bis jetzt beurteilen kann), fast ausschließlich auf den Videobereich. Frameraten von 100fps (Full HD), 250fps (annähernd Full HD), 500fps (1676x566) und 900fps (1136x384) sind in diesem Preisbereich (und auch in deutlich höheren Regionen) bis jetzt konkurrenzlos. Zumal die Kamera durch ihre geringe Größe sogar fast schon in GoPro Hero 4 Regionen wildert…
Ich selber habe mir die RX100 Mark IV gekauft, um eine „immer dabei“ Kamera zu haben und außerdem, um (vor allem in meinem Beruf) etwas mit der Zeitlupenfunktion herumspielen zu können. In den wenigen Tagen, die ich die Kamera jetzt besitze, habe ich schon ein Zeitlupenvideo von der Dresdner Schlössernacht gedreht, diverse Tests mit dem Zeitlupen- und 4K-Modus durchgeführt und mich durch die Menüs gehangelt, um die optimalen Einstellungen zu finden.
Hier nochmal die beiden Links zu den Filmen auf Vimeo:
Slowmotion Test with the Sony RX100 Mark IV from Alexander Schulz on Vimeo.
Etwas kurz ist bis jetzt der Fotomodus gekommen, zu dem ich daher noch nicht viel sagen kann. Mir ist bisher vor allem aufgefallen, dass die Foto-RAW Dateien bis jetzt nur vom Programm „Capture“ von Phase-One gelesen werden können. Sämtliche Adobe oder Apple Programme können sie noch nicht öffnen (Stand: 28.07.2015). Auch der relativ (!) aktuelle XAVC S HD Videocodec, der hier (je nach Auflösung und Zeitlupe) mit bis zu 100Mbit arbeiten kann, ist noch ein Sorgenkind – zumindest wenn man mit dem AVID Mediacomposer arbeitet. Der kann den Codec nicht interpretieren, so dass vorheriges (qualitäts- und zeitraubendes) Umkonvertieren notwendig ist. Final Cut X hingegen kommt mit den XAVC Codecs problemlos klar, Adobe Premiere habe ich bis jetzt noch nicht probiert.
Aber wenn man das Material dann anschaut, ist es (wie meine Beispielvideos hoffentlich auch erahnen lassen) unglaublich – vor allem, wenn man die Größe der Kamera bedenkt. Knackig scharf, in 4K sogar meiner Meinung nach deutlich detaillierter als das 4K Material einer Panasonic GH4 und wunderbar farbkorrigierbar. Da ich sonst fast ausschließlich mit 10bit Material arbeite, hatte ich Sorge, große Abstriche beim Grading machen zu müssen. Aber bis jetzt konnte ich durch das S-Log 2 Profil ehrlich gesagt überhaupt noch keinen Unterschied feststellen. Es macht einfach Spaß mit dem Material zu arbeiten und die Ergebnisse sehen toll aus. Dasselbe gilt auch für die Zeitlupenaufnahmen, die bis 250fps unglaublich gut aussehen. Ab 500fps macht sich der Auflösungsabfall schon spürbar bemerkbar, 1000fps sind wohl nur im Notfall verwendbar (zumindest in Kopplung mit HD-Material). Auch der interne optische Bildstabilisator arbeitet tadellos und selbst wenn man noch die digitale Bildstabilisierung hinzuschaltet, hält sich der Detailverlust in Grenzen. Die Ergebnisse sehen deutlich besser aus, als wenn man das Bild in AVID oder Final Cut X nachstabilisiert.
Bei dem, worauf es ankommt, der Bildqualität und den technischen Möglichkeiten kann die Kamera also glänzen, aber wie sieht es mit der Bedienbarkeit aus? Die Kamera selbst ist natürlich sehr klein, scheint aber das exakt selbe Gehäuse wie der Vorgänger zu haben. Mit Akku und SD-Karte bringt sie exakt 298 Gramm auf die Waage (ich hab‘s nachgewogen). Sie ist also gerade noch so hosentaschengeeignet und macht durch das Metallgehäuse auch einen sehr robusten Eindruck. Nur das Backdisplay ist etwas ungeschützt und wurde von mir mit einer Schutzfolie verstärkt.
Der Sucher ist fast winzig, aber besser als nichts und löst immerhin angenehm scharf auf. Das Problem beim Äußeren liegt woanders, nämlich bei den Tasten. Die sind durchweg zu klein und geben wenig haptisches Feedback. Besonders die Movieaufnahmetaste ist ein schlechter Witz und ohne Kontrollblick aufs Display kann man nie sicher sein, ob man sie jetzt wirklich durchgedrückt hat. Warum Sony die Aufnahmefunktion – wie die Konkurrenz bei Panasonic – nicht einfach auf die normale Auslösertaste gelegt hat, wird auf ewig ein Geheimnis der Entwickler bleiben.
Wenn man sich mit den fummeligen Tasten abgefunden hat, kommt man zum nächsten Problem: dem HDMI Anschluss. Der liegt rechts – also auf der falschen Seite – der Kamera. Das heißt, sobald ein HDMI-Kabel drin steckt, ist es ständig im Weg. Man kann die Kamera dann nur noch schlecht halten und kommt kaum an die Movieaufnahmetaste. Auch beim Aufnehmen eines Videos, erwarten einen einige weitere Nervigkeiten: Wählt man zum Beispiel den „Filmmodus“ am Auswahlrad, erscheint erstmal eine Vollbildeinblendung „Film“ die man per Taste wegdrücken muss. Und so geht es weiter… Andauernd erscheinen irgendwelche Hinweise, die man wegdrücken muss, was einem schnell auf den Geist gehen. Ein flüssiges Arbeiten ist damit unmöglich. Ganz besonders nervt das beim „HFR“ (Zeitlupen)-Modus, in dem man vor Aufnahmebeginn in einen Standby-Modus gehen muss. Das vergisst man natürlich andauernd, was mit ständigen, schlecht wegklickbaren Warnhinweisen bestraft wird. Die naive Idee, dass man ein Video auch aufnehmen kann, ohne vorher eine Abfolge von Tastenkombinationen eintippen zu müssen, ist bei Sony scheinbar noch bei keinem gekommen. Aber das steht ganz in der Tradition der sonstigen Menüführung. In 25 Menütafeln befinden sich wild durcheinandergewürfelt über 120 Menüpunkte mit kryptischen Bezeichnungen wie „Markier.einstlg.“ oder „Belich.einst.-Anleit.“. Was da was genau bedeutet, kann man nur durch intensives Studium und Interpretieren des leider eher unkonkreten Handbuchs rausfinden. Da werden Foto- und Videooptionen wie beim Kartenspiel chaotisch durcheinandergemischt und durch ungenaue oder falsche Übersetzungen auch noch ad absurdum geführt. Wenn „Picture Profile“ im deutschen zu „Fotoprofil“ wird, obwohl es hauptsächlich um Profile für den Videomodus geht, hat die Übersetzung einfach versagt.
Apropos Picture Profil: Das S-Log 2 Profil sieht wirklich sehr gut aus und ermöglicht einen sehr hohen Dynamikumfang. Allerdings lässt es nur einen ISO-Wert von 1600 oder höher zu (warum auch immer). Da kann bei Tageslicht auch der ND-Filter nicht mehr viel gegen ausrichten, hier hilft nur noch extremes Abblenden oder hochstellen der Belichtungszeit. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ist der Fotomodus. Wenn man nämlich nach einem Video im S-Log 2 Profil in den Foto-RAW-Modus wechselt, behält der dieses Picture Profil bei – obwohl eine S-Log Kurve auf ein RAW Bild überhaupt keine Auswirkungen hat. Wohl aber die 1600 ISO, die man dann immer noch nicht senken kann. Das heißt beim Wechsel in den Fotomodus: zurück ins Menü, Picture Profil wieder deaktivieren, wieder raus ins nächste Menü, ISO so niedrig wie möglich setzen und erst dann das Foto machen. Den ganzen Weg muss man natürlich auch wieder zurückgehen, wenn man nach dem Fotografieren wieder ein S-Log Video aufnehmen will. Auch hier wieder: flüssiges Arbeit ist so unmöglich (Anmerkungen: Durch einen freundlichen Hinweis habe ich von einem Weg erfahren, das Problem zu umgehen. Wenn man ein nicht-SLog2-Fotoprofil auf die MR-Taste speichert, kann man dieses schnell anwählen, ohne erst umständlich das Pictureprofile ändern zu müssen.)
Dazu kommen seltsame Softwarerestriktionen. So lässt sich beispielweise im Videomodus kein „Einzelbild-Autofokus“ sondern nur der fürs Filmen meist ungeeignete „Nachführ-Autofokus“ aktivieren. Und die Ausschnittsvergrößerung beim manuellen Fokussieren erscheint nur bei Fotos, nicht bei Videos. Hier hilft nur das schlechte Peaking, welches die farbigen Kanten inflationär im Bild verteilt und mehr verwirrt als hilft. Dazu kommen auch hier wieder ständig nicht zu verstehende Fehlermeldungen beim Anwählen von Optionen. Will man zum Beispiel den „Intelligent Aktiv“- Steadyshot bei einer Framerate von mehr als 25fps aktivieren, erscheint: „Folgender Vorgang bzw. Einstellung ist nicht verfügbar. Auf.-Modus Manuelle Belichtung“ Aha.
Diese Liste ließe sich lange fortsetzen, aber ich glaube der Standpunkt ist klar: Sony hat eine Kamera produziert, die auf technischer Seite unglaubliches bietet. Derartige Codecs und Zeitlupenmodi mit dieser Lichtstärke und Bildqualität waren vor wenigen Jahren noch extrem teuren und großen Profikameras vorbehalten. Aber die Usability ist grauenhaft. Man hat das Gefühl, die Kamera wurde von Leuten designt, die selbst nie fotografieren oder filmen.
Das ist leider auch nicht damit abzutun, dass die Kamera nicht für Profis sondern „Consumer“ designt wurde. Denn die dürften noch viel weniger mit der kryptischen Bedingung anzufangen wissen.
Soweit meine ersten Eindrücke zur Sony RX100 Mark IV. Ich werde sowohl den Video als auch den Fotomodus in nächster Zeit ausführlich testen und dazu nochmal einen gesonderten Artikel schreiben. Bis dahin hier noch ein paar unbearbeitete Beispielfotos und Videos zum rumspielen und bewerten:
Videobeispiele und Footage:
Fotobeispiele und Footage:
Hier gibt es die Kamera bei Amazon:
Sony RX100 IV Premium Kompakt Digitalkamera
Verfasst wurde der Artikel von Alexander Schulz. Er ist Geschäftsführer der Filmproduktionsfirma DIE FILMAGENTUR GmbH. Die entwickelt, dreht, schneidet erstellt und vertont Imagefilme, Werbefilme, Werbespots,Industriefilme und Erklärvideos in Dresden (Hauptsitz), Leipzig, Berlin und Stuttgart.